Die erste Folge des Expertenrat-Podcasts
„Vertrauen“, „Gemeinsam“, „Teilen statt Horten“ – Wie kann es eine Branche schaffen, ihre Probleme gemeinsam zu lösen, wenn zugleich die Unternehmen fast minütlich in einem scharfen Wettbewerb stehen, bei dem es um die Nachkommastellen beim Preis geht? Die drei Begriffe oben sind so in meinem Gespräch mit den Vorsitzenden des Expertenrates Digitalisierung in Transport und Logistik, Frauke Heistermann und Professor Dr. Thomas Krupp, gefallen. Das Gespräch haben wir als Podcast-Folge veröffentlicht. Es war für mich ein besonderes Erlebnis, diese beiden anerkannten Vordenker der Transport- und Logistikbranche in der Diskussion zu erleben. In diesem Blogbeitrag möchte ich die Aussagen, die mir besonders gut gefallen haben, zusammenfassen. Und, keine Sorge, falls Sie anhand der Begriffe oben vermuten, wir hätten nur realitätsferne Kuschelbegriffe ausgetauscht, liegen Sie falsch. Es geht ums Geschäft, um die Zukunft des Geschäfts – und natürlich um die Digitalisierung des Geschäfts. Thomas Krupp sagte direkt am Anfang etwas sehr Treffendes zum Expertenrat:
- In dem Expertenrat-Meeting hat sich wieder gezeigt, welche Dynamik entsteht, wenn Anforderungen auf Lösungen, auf Potenziale treffen; eine Atmosphäre der Kreativität entsteht und Gedanken greifbar im Raum hin und her fliegen. Dadurch entsteht etwas, das mehr ist als bloß die Summe der einzelnen Teile, sondern etwas insgesamt viel Größeres.
Was im Expertenrat so eindrucksvoll zu erleben war, nämlich den offenen Austausch der Gedanken, das verlangt Frauke Heistermann auch im Umgang mit den Daten:
- Für euch (bei Continental, Ergänzung d. Verf.) hört sich das vielleicht selbstverständlich an, etwas gemeinsam zu tun, gemeinsam Daten zu nutzen, gemeinsam etwas voranzutreiben. Das ist aber gar keine Selbstverständlichkeit und heute noch immer eine Hürde in der Digitalisierung. Denn viele sagen, ich sitze auf einem Datenschatz, den will ich aber nicht teilen. Daten werden erst dann besonders wertvoll, wenn ich sie teile, aber nicht, wenn ich sie nur für mich horte. Deswegen kann ich nur an alle Stakeholder des Straßengüterverkehrs appellieren, die Offenheit zu haben, Daten zu teilen, und zu schauen, wie man gemeinsam aus Daten wirklich Mehrwerte schaffen kann.
Was Frauke hier gesagt hat, gilt natürlich auch für Continental bzw. VDO Fleet. Unsere Kunden haben auf der Grundlage unseres digitalen Tachographen einen Datenschatz erzeugt. Wir haben mit unserer Kompetenz für den Tachographen und für Fahrzeugdaten insgesamt den Schlüssel zu diesem Schatz. Im Grunde ist es so wie bei Hochsicherheitssystemen, wo man zwei Schlüssel braucht, um die Tür öffnen zu können. Wir haben den einen und die Unternehmen den anderen, und wenn wir beide gleichzeitig unsere Schlüssel einfügen und umdrehen, dann heben wir den Schatz und nutzen ihn für die Herausforderungen der Branche, wie Thomas Krupp unterstrich:
- Wenn wir uns mal die Herausforderungen ansehen, vor denen die Branche steht, dann stellen wir fest, dass sie alle gemeinschaftlich betreffen: angefangen von der Laderaumknappheit bis hin zum Verkehrsinfarkt und dem Thema Fahrermangel. Wir haben in unserem Expertenrat die Menschen, die dort sitzen, wo der Schuh drückt, die verstehen, wo die Probleme, die Herausforderungen in der Praxis sind, die aber gleichzeitig auch eine Offenheit haben für Lösungen und, ganz wichtiges Thema, auch für gegenseitiges Vertrauen.
- Wir wollen Lösungsansätze entwickeln, die tatsächlich praktikabel anpackbar und konkret sind. Sie sollten das Potenzial haben, wirklich Optimierungen, Verbesserungen herbeizuführen, und zwar in der täglichen Realität. Eine Transportkette digital zu durchdenken, das ist technisch, etwas provokativ formuliert, gar nicht das große Problem. Ich muss aber die ganzen Akteure alle zusammen an einen Tisch bringen, damit sie sich einigen, wie die Dinge getan werden sollen und die Dinge auch entsprechend tun.
- Die Pain Points der Branche sind real. Sie existieren nicht auf der Folie und sind irgendwelche Damoklesschwerter, die morgen oder übermorgen drohen, sondern wir sind ganz akut in Situationen, wo es an allen Ecken und Enden hakt. Es ist jetzt in vielen Bereichen eher 5 nach 12 als 5 vor 12. Ob Fahrermangel oder fehlender Frachtraum, das ist etwas, was die Branche ganz massiv trifft. Da helfen keine PowerPoint-Folien, um das zu verändern.
Frauke Heistermann war es besonders wichtig, das Thema Nachhaltigkeit ins Spiel zu bringen und die künftigen Themen des Expertenrats zu setzen:
- Genauso ist es mit vielen anderen Themen, zum Beispiel Nachhaltigkeit, wo die Digitalisierung hilft, den CO2-Ausstoß zu verringern, Leerkilometer zu vermeiden, bessere Auslastung hinzubekommen und Strecken zu optimieren; Krisenmanagement, gesetzliche Vorschriften, Compliance, Mobility Package bis hin zum Lieferketten-Sorgfaltsgesetz. Das sind die Themen für die nächsten 20 Jahre und die wichtigsten Themen für den Expertenrat.
Wie heißt es so schön: „Es gibt viel zu tun. Packen wir es an!“ Und wie immer entwickeln sich die Dinge schneller, als wir es manchmal ahnen können. Die nächste Sitzung des Expertenrats findet am Dienstag, den 26. September 2023, in Villingen auf unserem Continental-Gelände statt. Dort, wo seit vielen Jahrzehnten Tachographen gefertigt werden und einen Steinwurf von der Uhrenfabrik Kienzle entfernt, wo vor 100 Jahren mit der Autorex-Uhr der allererste Proto-Tachograph gebaut wurde. Dort werden wir wieder die Gelegenheit haben, uns den vielfältigen Herausforderungen der Branche zu widmen.